Anders als erwartet
Hat Euch mein letzter Artikel über Kältetraining etwas neugierig gemacht? Heute möchte ich meine ganz persönlichen Erfahrungen dazu teilen und wer weiß, vielleicht kommt der ein oder andere ja sogar auf den Geschmack.
Noch mal zur Erinnerung. Ich startete mit meiner Kältechallenge am 1.Oktober. Als Vorbereitung meditierte ich 15 Minuten. Danach ging’s ins kalte Wasser. Ich bin in der glücklichen Lage über einen Pool zu verfügen, der ab diesem Zeitpunkt mein wichtigster Trainingsraum war. Wenn es sich angeboten hat, bin ich gern auch mal in einen kalten See gehüpft.
Wichtig: Dies sind nur Erfahrungen und keine wissenschaftlich untermauerten Statements. Diese könnt Ihr gern bei Wim Hof, z.B. in seinem Buch „Kältetraining“ nachlesen.
- Das Wasser darf nicht zu warm sein
In den ersten Tagen lagen wir mit der Wassertemperatur noch bei circa 16 oder 17 Grad. Damit kann man natürlich noch locker schwimmen und es fühlt sich im Wasser auch ganz gut an. Trotzdem hatte ich oft untertags das Gefühl nicht mehr richtig warm zu werden. Das Ganze steigerte sich dann zu einer Art innerem Frösteln, so dass ich sogar kurz überlegte meine Challenge abzubrechen. Heute weiß ich, dass das Wasser schlichtweg noch kälter sein muss. Denn offensichtlich braucht es einen extremen Reiz, damit der Körper diese überschießende Reaktion (rote Haut, Mega-Durchblutung, etc.) zeigt.
2. Man darf nicht zu lange drin bleiben
Durch die moderate Wassertemperatur hielt ich mich locker 4-5 Minuten im Wasser auf. Das war zu lang. Zumindest in der kalten Jahreszeit. Je kälter das Wasser wurde, desto kürzer war mein Aufenthalt und das war gut so. Mir kam es so vor, als würde der Körper nicht auskühlen, sondern lediglich eine Art schnelle Schutzreaktion zeigen. Die besten Effekte konnte ich bei 10 Grad Wassertemperatur und 1-2 Minuten Aufenthalt erzielen.
3. Das A und O ist die Atmung
Wichtig ist es, so schnell wie möglich die Atmung in den Griff zu bekommen. Das schnelle Hecheln ist nichts anderes als eine Panikreaktion des Körpers. Atmet man jedoch bewusst langsam und ruhig, signalisiert man dem Körper automatisch: „Alles okay, es passiert nichts.“. Mein Tipp: bevor man ins Wasser steigt, schon mal einige ruhige Atemzüge nehmen. Bei jedem Schritt ins Wasser weiter bewusst und tief atmen. In dem Moment, wo ich schließlich ganz reingehe, atme ich lang und tief aus und versuche das ruhige Atmen beizubehalten. Man merkt sofort, wie der Körper entspannt und kann sich für einige Augenblicke in einen meditativen Zustand begeben.
4. Das Wasser wird wieder wärmer
Nach circa 30 Sekunden wird das Wasser deutlich wärmer. Es kommt ein kurzer Moment, wo man nicht mehr zwischen warm und kalt unterscheiden kann. Diesen Moment gilt es zu genießen und bewusst wahrzunehmen. Man fängt an, sich richtig stark und überlegen zu fühlen
5. Wenn das Wasser zu kalt ist, kann man nicht mehr schwimmen.
Der Trick sich im Wasser zu bewegen, damit einem warm wird, funktioniert irgendwann nicht mehr. Im Gegenteil: ab einer bestimmten Wassertemperatur ist es einfacher sich nicht mehr zu bewegen. Um den Körper herum bildet sich nämlich eine Art Wärmefilm, der durch die eigene Körpertemperatur entsteht. Jede Bewegung „durchbricht“ diesen Film und es kommt wieder mehr kaltes Wasser an den Körper heran. Besonders gut wahrnehmbar ist es, wenn man unmittelbar nach der Sauna ins kalte Wasser geht.
6. Wenn es zittert, nichts wie raus
Sobald sich ein kleines Frösteln zeigt, dann nichts wie raus. Man merkt diesen Punkt sehr schnell.
7. Danach heiß duschen?
Sobald ich aus dem Wasser bin, ziehe ich so schnell wie möglich den nassen Anzug aus und trockne mich ab. Zunächst ist einem erstmal richtig warm. Das hat mich auch schon dazu veranlasst gar nicht mehr zu duschen, was sich nicht bewährt hat. De facto habe ich alle möglichen Varianten durchprobiert, von lauwarmer bis ganz heißer Duschen, von ganz kurz bis ganz lang. Ein Patentrezept gibt es wohl nicht. Ich bevorzuge inzwischen die kurze, eher heiße Dusche. Damit bleibt das angenehme Prickeln auf der Haut erhalten und der Körper ist trotzdem wieder erwärmt. Eine kalte Abschlussdusche hat sich bei mir nicht bewährt, aber das muss sicher jeder für sich herausfinden.
8. Der Stoffwechsel wird nachhaltig angeregt
Beim Cryotraining in der Kältesauna ist dieser Effekt sogar erforscht. Angeblich verbraucht der Körper bis zu 700 kcal mehr nach einem 3-minütigen Aufenthalt in der Cryosauna. Meine Erfahrungen mit dem kalten Wasser sind zwar eher subjektiver Natur, aber ich kann durchaus einen gewissen Trainingseffekt wahrnehmen. Auch die Haut wird etwas straffer und sogar Besenreiser o.ä. sollen sich zurückbilden.
Die erhöhte Fettverbrennung soll auch mit der Bildung des so genannten braunen Fetts zusammen hängen. Braunes Fett gilt als ein sehr gesundes Fett, das sich allerdings bei vielen von uns in den letzten Jahren zurückgebildet hat. (Irgendwann hierzu sicherlich mehr.)
9. Das Wichtigste: man fühlt sich ziemlich cool
Das hängt natürlich auch ein bisschen mit dem Sieg des Geistes über den Körper zusammen. Man fühlt sich stark und fähig Grenzen zu überwinden. Das kalte Wasser pusht den Geist und man wird irrsinnig motiviert, um auch andere Hürden des Lebens locker zu meistern.
Fazit Kältetraining: Ausprobieren lohnt sich
Es lohnt sich auf jeden Fall einmal die Erfahrung von Kälte zu machen. Für mich war Kälte immer sehr negativ behaftet, ja ich habe mich regelrecht davor gefürchtet. Heute weiß ich, dass das ganz viel mit meiner Einstellung gegenüber Kälte zu tun hat, was mir sehr hilft, auch im Alltag mit Kälte besser umzugehen. Ich habe sie inzwischen sogar richtig schätzen gelernt.